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Chronik

1954

Januar

1954 werden Tausende Menschen von DDR-Gerichten wegen „antisowjetischer Propaganda“, „Verbreitung illegaler Hetzschriften“, „Gruppenbildung“ und anderer Aktivitäten zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt. 184.198 Menschen verlassen die DDR 1954 in Richtung Bundesrepublik.

Der Ministerrat der DDR bildet den „Ausschuss für deutsche Einheit“.

In der DDR werden 6.143 Gefangene frei gelassen. Sie waren nach dem 9. Mai 1945 von Sowjetischen Militärtribunalen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Als Folge der Hinrichtung Lawrentij P. Berijas in der Sowjetunion im Dezember 1953, beschließt das 17. Plenum des Zentralkomitees der SED Wilhelm Zaisser und Hernstadt aus der SED auszuschließen.

Außenminister-Konferenz der Vier Mächte in West-Berlin. Auf eine gemeinsame Behandlung der „Deutschen Frage“ kann man sich nicht einigen. Während die Westmächte freie Wahlen zur Voraussetzung machen, schlägt die Sowjetunion die Bildung einer gesamtdeutschen Regierung vor.

Das Oberste Gericht verurteilt „Großbauern“ wegen Widerstands gegen die Kollektivierung zu hohen Zuchthausstrafen.

März

Ideologische Verwirrung: ein SED-Propagandaplakat, das die Unvereinbarkeit von Konfirmation und Jugendweihe zeigen soll. Quelle: Pseudosakrale Staatsakte in der Sowjetzone: Kindesweihe, Jugendweihe, Eheweihe, Grabweihe, hrsg. v. Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1960

Das Politbüro beschließt die Einführung der „Jugendweihe“ als staatlichen Gegenentwurf zur christlichen Konfirmation.
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Im Notaufnahmelager Marienfelde melden sich 370 Flüchtlinge aus der DDR.

Die Sowjetunion erkennt die Souveränität der DDR an.

Der Bundestag billigt (gegen die Stimmen der SPD) die erste Wehrergänzung des Grundgesetzes. Verteidigung, Wehrpflicht und Schutz der Zivilbevölkerung werden zur Aufgabe des Bundes erklärt.

Die DDR beginnt in Aue mit dem Bau des ersten Atomkraftwerks.

April

In Moskau werden Inge Wolf (26) und Heinz Unger (21) aus Werder/Havel hingerichtet. Ein Sowjetisches Militär-Tribunal hatte sie wegen ihres Widerstandes gegen die undemokratischen Volkskammerwahlen vom Oktober 1950 zum Tode verurteilt.

Die Bundesregierung erkennt die DDR nicht als Staat an und erhebt einen Alleinvertretungsanspruch.

In Neubrandenburg werden sechs Angeklagte wegen Kontakten zum CDU-Ostbüro zu Haftstrafen bis zu sechs Jahren verurteilt.

Mai

Die letzte Bastion Frankreichs in Indochina (Dien-Bien-Phu) fällt. Am 21. Juli endet die französische Kolonialherrschaft in Indochina.

In Washington erklärt der Oberste Gerichtshof der USA die Rassentrennung in öffentlichen Schulen für verfassungswidrig.

Juni

In Ost-Berlin findet das zweite Deutschlandtreffen der FDJ statt. Rund 500.000 Jugendliche aus der DDR und einige Tausend aus der Bundesrepublik nehmen teil. Nicht wenige von ihnen besuchen auch West-Berlin.

In Südtunesien rücken französische Truppen gegen Verbände tunesischer Nationalisten vor, die Terroranschläge auf französische Siedler verübt haben.

Der ehemaligen Außenminister Dertinger wird wegen „Spionage“ zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.

In Bad Neuenahr wird das Kuratorium Unteilbares Deutschland gegründet. Es soll der Zusammenarbeit mit dem Ziel der „Wiedervereinigung aller Deutschen“ dienen.

In der Bundesrepublik wird erstmals der „Tag der deutschen Einheit“ als gesetzlicher Feiertag begangen.

Juli

Der Eulenspiegel-Verlag wird gegründet. Der hier herausgegebene „Eulenspiegel“ ist die einzige Satirezeitschrift der DDR.

Deutschland wird Fußballweltmeister mit einem 3:2 Sieg gegen Ungarn.

Das erste und letzte Mal findet in Leipzig ein gesamtdeutscher Evangelischer Kirchentag statt.

Der Bundesverwaltungsgerichtshof entscheidet, dass die kommunistische Jugendorganisation FDJ gegen das Grundgesetz verstößt. Das Gericht bestätigt damit in letzter Instanz das FDJ-Verbot der Bundesregierung aus dem Jahr 1951.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Otto John, tritt in die DDR über.

15 CDU-Abgeordnete legen im Bundestag einen Gesetzesentwurf zur Einführung der Todesstrafe vor.

August

Die Verhaftungsaktion „Pfeil“ beginnt. Innerhalb kürzester Zeit werden in der DDR Hunderte „Agenten“, „Spione“ und „Regimegegner“ verhaftet.

In die portugiesische Kolonie Goa werden Truppen geschickt, um gegen Protestkundgebungen indischer Nationalisten vorzugehen.

Französische Truppen verhaften in Französisch-Marokko 3.000 Personen – marokkanische Nationalisten, die gegen die französische Kolonialherrschaft Widerstand leisten.

Die französische Nationalversammlung lehnt den EVG-Vertrag ab; damit ist die Gründung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft gescheitert.

September

Auf der Londoner Neun-Mächte-Konferenz wird die Souveränität der Bundesrepublik und ihr Beitritt zur NATO beschlossen.

Oktober

Scheinwahlen zur Volkskammer der DDR, die Einheitslisten erhalten 99,46 Prozent.

Großbritannien und Ägypten unterzeichnen ein Abkommen über den Rückzug der britischen Truppen aus der Suezkanalzone.

Auf vier Pariser Konferenzen werden die Beziehungen zwischen den Staaten der westlichen Gemeinschaft in den Pariser Verträgen vertraglich neu geregelt.

November

Offizieller Beginn des ARD-Gemeinschaftsprogramms.

Mit über 40 Bombenanschlägen der algerischen Befreiungsbewegung FNL beginnt der Algerienkrieg, der 1962 mit der Anerkennung der Unabhängigkeit Algeriens endet.

Der neu gegründete „Zentrale Ausschuss für Jugendweihe“ wendet sich mit einem Aufruf zur Einführung der Jugendweihe in der DDR an Eltern und Erzieher.

Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beginnt die Verhandlung über die Verfassungswidrigkeit der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).

Dezember

Der NATO-Rat beschließt angesichts der wachsenden Bedeutung nuklearer Waffen die Verringerung konventioneller Streitkräfte und die verstärkte Ausrüstung der Truppen mit taktischen Atomwaffen.

Auf der Konferenz der Vertreter der DDR, Polens und der Tschechoslowakei in Prag wird der gemeinsame Schutz der Unantastbarkeit der Grenzen der drei Staaten beschlossen.


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