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Bernd Eisenfelds Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings

Porträt von Bernd Eisenfeld vor seiner Verhaftung am 21. September 1968. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Porträt von Bernd Eisenfeld vor seiner Verhaftung am 21. September 1968. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Bernd Eisenfeld (im Hintergrund stehend) während seiner Zeit als Bausoldat in der Nähe von Luckau, 1966. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Bernd Eisenfeld (im Hintergrund stehend) während seiner Zeit als Bausoldat in der Nähe von Luckau, 1966. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
"Halten Sie stand, behalten Sie Hoffnung": Nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes schickt Bernd Eisenfeld dieses Solidaritätstelegramm an die Botschaft der CSSR. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
"Halten Sie stand, behalten Sie Hoffnung": Nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes schickt Bernd Eisenfeld dieses Solidaritätstelegramm an die Botschaft der CSSR. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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"Denk bitte nach!" Am 20. und 21. September 1968 verteilt Bernd Eisenfeld in Halle etwa 150 selbst gefertigte Flugblätter, mit denen er gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR protestiert. Während dieser Aktion wird er verhaftet....
"Denk bitte nach!" Am 20. und 21. September 1968 verteilt Bernd Eisenfeld in Halle etwa 150 selbst gefertigte Flugblätter, mit denen er gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR protestiert. Während dieser Aktion wird er verhaftet. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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Seit Anfang 1968 tun sich in der Tschechoslowakei (CSSR) erstaunliche Dinge. Der „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ wird verkündet. Und auf die Worte folgen Taten: Die Zensur wird abgeschafft, ausländische Zeitungen werden zugelassen, unabhängige Gruppen entstehen, die Grenzen werden geöffnet. Das wirkt auf viele DDR-Bürger wie ein schöner Traum. Die SED-Führung verfolgt die Demokratisierung voller Hass und Misstrauen. Umso mehr, weil es auch unter SED-Mitgliedern Sympathien für den Reformkurs gibt.

Chefideologe Kurt Hager und andere Politbürokraten ergehen sich deshalb in düsteren Andeutungen über die „schleichende Konterrevolution“. Ansonsten senkt sich ein Vorhang des Schweigens über die Vorgänge im Nachbarland. Die westlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten berichten nicht allzu viel zu diesem Thema. Ihr Herz für den Prager Reformkommunismus entdecken sie erst nach dessen Ende.

Das deutschsprachige Programm von Radio Prag liefert Informationen aus erster Hand. Besonders junge Menschen in der DDR stürzen sich auf jede Nachricht aus der Tschechoslowakei. Bernd Eisenfeld (27) aus Halle/Saale schreibt einen Brief an das Jugendstudio des Senders: „Ich bin verliebt! Verzeihen Sie, dass ich Hals über Kopf all meine Sehnsucht, meine Hoffnungen und all meine Liebe heraussprudele, ohne dass Sie mich überhaupt kennen. [...] Ich beneide Sie so furchtbar ehrlich, dass ich am liebsten Berlin oder Leipzig in der Rolle des heutigen Prag sehen wollte. [...] Halten Sie ganz fest, was Sie sich jetzt erobert haben. Ich sehe Zukunft. Viele sehen Zukunft. [...] Können Sie sich vorstellen, wie es in Deutschland weitergeht, wenn in der DDR so empfunden werden darf wie heute bei Ihnen?“

Verliebt in die Freiheit: Bernd Eisenfeld hat Hoffnung

Den Kopf voller Ideale und Träume geht der junge Mann ins Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft in Halle/Saale und greift dort in eine öffentliche Diskussion anlässlich der neuen Verfassung der DDR ein. Der Referent, ein Dozent für Marxismus-Leninismus, schreibt in seinem Bericht an die Stasi, dass Bernd Eisenfeld behauptet habe, „dass es in der DDR keine Informationsfreiheit gäbe“. Weiter heißt es: „Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Entwicklung in der CSSR und äußerte, dass diese Entwicklung auch für unsere Gesellschaftsordnung notwendig wäre.“

Im Sommer 1968 machen sich viele DDR-Jugendliche auf die Reise, um ein bisschen Freiheitsluft zu schnuppern. In Prag und anderswo machen sie die Erfahrung, dass Tschechen und Slowaken begeistert über ihre kommunistische Führung sprechen. Anzeichen für eine Konterrevolution können sie nicht feststellen.

"Denk bitte nach!" Am 20. und 21. September 1968 verteilt Bernd Eisenfeld in Halle etwa 150 selbst gefertigte Flugblätter, mit denen er gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR protestiert. Während dieser Aktion wird er verhaftet....
"Denk bitte nach!" Am 20. und 21. September 1968 verteilt Bernd Eisenfeld in Halle etwa 150 selbst gefertigte Flugblätter, mit denen er gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR protestiert. Während dieser Aktion wird er verhaftet. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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"Denk bitte nach!" Am 20. und 21. September 1968 verteilt Bernd Eisenfeld in Halle etwa 150 selbst gefertigte Flugblätter, mit denen er gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR protestiert. Während dieser Aktion wird er verhaftet....
"Denk bitte nach!" Am 20. und 21. September 1968 verteilt Bernd Eisenfeld in Halle etwa 150 selbst gefertigte Flugblätter, mit denen er gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR protestiert. Während dieser Aktion wird er verhaftet. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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Umso größer ist der Schock, als sich am 21. August 1968 die Nachricht verbreitet, dass die Truppen des Warschauer Paktes die Tschechoslowakei überrollen. Bernd Eisenfeld schickt ein Solidaritätstelegramm an die Botschaft der CSSR. Am 20. September 1968 verteilt er im Stadtzentrum von Halle/Saale Flugblätter. Als er das am nächsten Tag wieder tun will, erwartet ihn die Stasi bereits. Er wird verhaftet und im Februar 1969 zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Er muss die Strafe vollständig absitzen.

Zitierempfehlung: „Bernd Eisenfelds Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145364


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