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Robert Havemann

Das Zuchthaus Brandenburg-Görden, in dem Robert Havemann von 1943 bis zur Befreiung durch die Rote Armee 1945, von den Nationalsozialisten gefangen gehalten wird. Quelle: Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
Das Zuchthaus Brandenburg-Görden, in dem Robert Havemann von 1943 bis zur Befreiung durch die Rote Armee 1945, von den Nationalsozialisten gefangen gehalten wird. Quelle: Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
Robert Havemann wird von einem Westberliner Polizisten während der Kampagne für die Unterzeichnung des Stockholmer Appells gegen Atomwaffen festgenommen, 8. Juli 1950.
Robert Havemann wird von einem Westberliner Polizisten während der Kampagne für die Unterzeichnung des Stockholmer Appells gegen Atomwaffen festgenommen, 8. Juli 1950.
Quelle: Bundesarchiv/Bild 183-S98995/Horst Sturm
Voller Hörsaal. Nach den Enthüllungen auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 fängt Robert Havemann an, den realen Kommunismus zu kritisieren. Obwohl selbst noch Geheimer Mitarbeiter des MfS, gerät er zunehmend ins MfS-Fadenkreuz. Anfang der 1960er Jahre...
Voller Hörsaal. Nach den Enthüllungen auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 fängt Robert Havemann an, den realen Kommunismus zu kritisieren. Obwohl selbst noch Geheimer Mitarbeiter des MfS, gerät er zunehmend ins MfS-Fadenkreuz. Anfang der 1960er Jahre ist aus dem linientreuen Kommunisten endgültig der „gefährlichste“ marxistische Dissident in der DDR geworden. Das Bild zeigt ihn am 10. Januar 1964 bei seiner letzten Vorlesung aus der legendären Reihe „Naturwissenschaftliche Aspekte philosophischer Probleme“ an der Humboldt-Universität zu Berlin. Unter den Zuhörern ist auch der junge Philosophiestudent Wolf Biermann (im Bild unten, 3. v. r.). Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Nach der fristlosen Entlassung Robert Havemanns aus dem Universitätsdienst protestieren Studenten der Humboldt-Universität zu Berlin mit selbst gefertigten Plakaten. Im Bild: der Bericht der Staatssicherheit zu dieser Aktion. Quelle: Bundesarchiv /...
Nach der fristlosen Entlassung Robert Havemanns aus dem Universitätsdienst protestieren Studenten der Humboldt-Universität zu Berlin mit selbst gefertigten Plakaten. Im Bild: der Bericht der Staatssicherheit zu dieser Aktion. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv
Abschrift
„Wir wollen Argumente hören!“: Ein vom MfS sichergestelltes Plakat, mit dem Studenten der Humboldt-Universität gegen die fristlose Entlassung von Robert Havemann protestieren. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv, Seite 1 von 2
„Wir wollen Argumente hören!“: Ein vom MfS sichergestelltes Plakat, mit dem Studenten der Humboldt-Universität gegen die fristlose Entlassung von Robert Havemann protestieren. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv, Seite 1 von 2
„Wir wollen Argumente hören!“: Ein vom MfS sichergestelltes Plakat, mit dem Studenten der Humboldt-Universität gegen die fristlose Entlassung von Robert Havemann protestieren. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv, Seite 2 von 2
„Wir wollen Argumente hören!“: Ein vom MfS sichergestelltes Plakat, mit dem Studenten der Humboldt-Universität gegen die fristlose Entlassung von Robert Havemann protestieren. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv, Seite 2 von 2
Seit 1963/64 sind Wolf Biermann und Robert Havemann befreundet. Der Regimekritiker ist für den Liedermacher nicht nur ein politischer Weggefährte. Der viel ältere Robert Havemann ist zugleich ein Ersatzvater für Wolf Biermann, dessen Vater in Auschwitz...
Seit 1963/64 sind Wolf Biermann und Robert Havemann befreundet. Der Regimekritiker ist für den Liedermacher nicht nur ein politischer Weggefährte. Der viel ältere Robert Havemann ist zugleich ein Ersatzvater für Wolf Biermann, dessen Vater in Auschwitz ermordet wurde. Das Bild zeigt die beiden Freunde Mitte der 1970er Jahre auf dem Grundstück von Robert Havemann in Grünheide bei Berlin. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Katja Havemann/RHG_Fo_HAB_09789
Robert Havemanns Verhaftung ist bereits vor der Ausbürgerung Wolf Biermanns befohlen. Die Stasi analysiert eilig den Gesundheitszustand des 66-Jährigen. Das Risiko ist groß, dass der Antifaschist, der die Todeszellen Adolf Hitlers überlebt hat, im...
Robert Havemanns Verhaftung ist bereits vor der Ausbürgerung Wolf Biermanns befohlen. Die Stasi analysiert eilig den Gesundheitszustand des 66-Jährigen. Das Risiko ist groß, dass der Antifaschist, der die Todeszellen Adolf Hitlers überlebt hat, im Gefängnis stirbt. Die Alternative ist Hausarrest. Diese besondere Haftform wird per Schnellgericht vollstreckt. 200 Stasi-Beamte bewachen das Haus von Katja und Robert Havemann in Grünheide bei Berlin bis zum Mai 1979 rund um die Uhr. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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Während des Hausarrests von Robert Havemann: Der DDR-Kritiker wird von über 200 Stasi-Beamten Tag und Nacht überwacht. Im Bild: Absperrung der Burgwallstraße in Grünheide. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Meinhold
Während des Hausarrests von Robert Havemann: Der DDR-Kritiker wird von über 200 Stasi-Beamten Tag und Nacht überwacht. Im Bild: Absperrung der Burgwallstraße in Grünheide. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Meinhold
„Um Schmach und Schaden abzuwenden“: Offener Brief von Robert Havemann an Erich Honecker vom 17. November 1976, vier Tage später im westdeutschen Nachrichtenmagazin Spiegel erschienen. Robert Havemann fordert hierin die Rücknahme der Ausbürgerung...
„Um Schmach und Schaden abzuwenden“: Offener Brief von Robert Havemann an Erich Honecker vom 17. November 1976, vier Tage später im westdeutschen Nachrichtenmagazin Spiegel erschienen. Robert Havemann fordert hierin die Rücknahme der Ausbürgerung Wolf Biermanns. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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Brief von Robert Havemann an Generalstaatsanwalt Dr. Josef Streit vom 2. Dezember 1976. Havemann protestiert gegen die Verhaftung von Jürgen Fuchs, Gerulf Pannach und Christian Kunert sowie gegen die Absperrung seines Grundstückes in Grünheide. Quelle:...
Brief von Robert Havemann an Generalstaatsanwalt Dr. Josef Streit vom 2. Dezember 1976. Havemann protestiert gegen die Verhaftung von Jürgen Fuchs, Gerulf Pannach und Christian Kunert sowie gegen die Absperrung seines Grundstückes in Grünheide. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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„Das ist alles Mumpitz. Mon Dieu!“: Brief von Robert Havemann an seinen Freund Wolf Biermann vom 27. Dezember 1976. Darin schildert er die Situation nach Verhängung des Hausarrests in Grünheide. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv, Seite...
„Das ist alles Mumpitz. Mon Dieu!“: Brief von Robert Havemann an seinen Freund Wolf Biermann vom 27. Dezember 1976. Darin schildert er die Situation nach Verhängung des Hausarrests in Grünheide. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv, Seite 1 von 3
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„Das ist alles Mumpitz. Mon Dieu!“: Brief von Robert Havemann an seinen Freund Wolf Biermann vom 27. Dezember 1976. Darin schildert er die Situation nach Verhängung des Hausarrests in Grünheide. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv, Seite...
„Das ist alles Mumpitz. Mon Dieu!“: Brief von Robert Havemann an seinen Freund Wolf Biermann vom 27. Dezember 1976. Darin schildert er die Situation nach Verhängung des Hausarrests in Grünheide. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv, Seite 2 von 3
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„Das ist alles Mumpitz. Mon Dieu!“: Brief von Robert Havemann an seinen Freund Wolf Biermann vom 27. Dezember 1976. Darin schildert er die Situation nach Verhängung des Hausarrests in Grünheide. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv, Seite...
„Das ist alles Mumpitz. Mon Dieu!“: Brief von Robert Havemann an seinen Freund Wolf Biermann vom 27. Dezember 1976. Darin schildert er die Situation nach Verhängung des Hausarrests in Grünheide. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv, Seite 3 von 3
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Erst nach zwei Jahren Hausarrest, im Mai 1979, darf sich der DDR-Regimekritiker Robert Havemann wieder ohne besondere Genehmigung außerhalb seines Hauses bewegen. Doch gleich darauf, im Juni 1979, wird er in einem Zoll- und Devisenverfahren, dessen Drehbuch...
Erst nach zwei Jahren Hausarrest, im Mai 1979, darf sich der DDR-Regimekritiker Robert Havemann wieder ohne besondere Genehmigung außerhalb seines Hauses bewegen. Doch gleich darauf, im Juni 1979, wird er in einem Zoll- und Devisenverfahren, dessen Drehbuch die Staatssicherheit geschrieben hat, wegen seiner Publikationen im Westen zu einer Geldstrafe von 10.000 Mark verurteilt. Nach dem Prozess wird Robert-Havemann (mit Blumenstrauß) vor dem Gebäude des Kreisgerichtes Fürstenwalde am 20. Juni 1979 von seiner Frau und Freunden begrüßt. (2.v.r.: Katja Havemann, 4.v.r.: Gerd Poppe). Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung, Harald Schmitt, Bild 790511-01
Robert Havemann darf endlich sein Haus verlassen: Treffen und Lesung bei Gerd Poppe in Woltersdorf, nach der Aufhebung des Hausarrests am 27. Juni 1981. V.l.n.r.: Karin Teichert, Robert Havemann, Reinhard Weißhuhn, Lutz Rathenow, Elke Erb, Gert Neumann,...
Robert Havemann darf endlich sein Haus verlassen: Treffen und Lesung bei Gerd Poppe in Woltersdorf, nach der Aufhebung des Hausarrests am 27. Juni 1981. V.l.n.r.: Karin Teichert, Robert Havemann, Reinhard Weißhuhn, Lutz Rathenow, Elke Erb, Gert Neumann, Sabine Kloß, Christian Kloß. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Gerd Poppe
Am 9. April 1982 stirbt der DDR Regimekritiker Robert Havemann in Grünheide. Zu seiner Beerdigung kamen rund 250 Trauergäste, die im Rahmen der permanenten Überwachung von der Staatssicherheit akribisch fotografisch festgehalten wurden. Der Schriftsteller...
Am 9. April 1982 stirbt der DDR Regimekritiker Robert Havemann in Grünheide. Zu seiner Beerdigung kamen rund 250 Trauergäste, die im Rahmen der permanenten Überwachung von der Staatssicherheit akribisch fotografisch festgehalten wurden. Der Schriftsteller Stefan Heym am Grab von Robert Havemann. Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung Fotobestand Harald Schmitt Bild_351

Robert Havemann ist 1976 der engste politische Freund Wolf Biermanns. Als der Liedermacher Anfang der 1960er Jahre erste Schwierigkeiten mit der SED und den Behörden bekommt, ist Robert Havemann noch ein hoch angesehener Repräsentant der DDR: Professor und Lehrstuhlleiter an der Humboldt-Universität, Mitglied der dortigen SED-Parteileitung, Abgeordneter der Volkskammer. Zu dieser Zeit wird er allerdings schon heftig kritisiert.

In seinen freimütigen philosophischen Vorlesungen nimmt Robert Havemann kein Blatt vor den Mund. Er nennt die Mauer beim Namen und versteckt die Unfreiheit in der DDR nicht hinter blumigen Phrasen über historische Notwendigkeiten, denen sich die Menschen zu unterwerfen hätten. Es sind dieselben kritischen Gedanken, die Robert Havemann und Wolf Biermann formulieren, und es sind dieselben Bürokraten, die sie maßregeln und ihnen das öffentliche Wirken verbieten.

Erst als Antifaschist von den Nazis zum Tode verurteilt ...

Zwischen dem aufmüpfigen jungen Liedermacher und dem gradlinigen Gelehrten entwickelt sich eine enge Freundschaft. Die beiden teilen ein ähnliches Schicksal: Wolf Biermann darf nicht Parteimitglied werden, Robert Havemann wird 1964 aus der SED ausgeschlossen. Er verliert seine Professur und im Jahr darauf auch seine Arbeitsstelle als Forscher. Wolf Biermann erhält Auftritts- und Publikationsverbot.

Für Robert Havemann ist es beileibe nicht die erste politische Auseinandersetzung seines Lebens. 1932, er studiert noch, schließt er sich den Kommunisten an. Deren energisches Auftreten gegen die zur Macht strebenden Nationalsozialisten überzeugt ihn. Seit 1933 leistet er Widerstand gegen die Hitler-Diktatur. Er beteiligt sich an der Information der Weltöffentlichkeit über die in Deutschland verübten Verbrechen und hilft Verfolgten, dem Terror zu entkommen. 1943 wird er mit seinen Freunden von den Nazis verhaftet und zum Tode verurteilt. Dank der geschickten und mutigen Unterstützung von Kollegen und Freunden kann er der Exekution entgehen, muss aber erleben, wie seine engsten Freunde ermordet werden.

... und dann der gefährlichste marxistische Dissident der DDR

Durch die beiläufige Mitteilung eines Zuchthausbeamten erfährt Robert Havemann am 9. Mai 1944, dass sein Kampfgefährte Georg Groscurth am Vortag exekutiert worden ist – nur wenige Minuten vor den anderen Mitgliedern der Leitung ihrer gemeinsamen Widerstandsgruppe. Robert Havemann ist seit 1932 eng mit Georg Groscurth befreundet. Beide sind über die Jahre hinweg engste wissenschaftliche Partner. 1945 befreit die Rote Armee Robert Havemann aus dem Zuchthaus Brandenburg, in dem er unter anderem gemeinsam mit Erich Honecker gefangen gehalten wird.

Robert Havemann engagiert sich für den Aufbau einer demokratischen sozialistischen Gesellschaft, schließt sich aber mit der Zuspitzung des Kalten Kriegs der SED an und unterstützt deren stalinistische Politik – unter anderem als Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi. Das Eingeständnis des verbrecherischen Charakters des Stalinregimes auf dem XX. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion setzt bei Robert Havemann ein Umdenken in Gang. Seine kritische Distanz zur Politik der SED wächst. Er lässt sich auch durch Privilegien nicht mehr korrumpieren. Immer offener und deutlicher formuliert er seine Kritik am Politbüro und entwickelt politische Alternativen der Demokratisierung des Sozialismus.

Robert Havemann wird nach und nach von jeder Möglichkeit öffentlichen politischen Wirkens in der DDR abgeschnitten. Doch seine Äußerungen werden in der Republik immer wieder heimlich abgeschrieben. Über die Medien der Bundesrepublik erreichen sie früher oder später interessierte Leser, Zuhörer und Zuschauer. In der Reformpolitik des Prager Frühlings 1968 sieht er ein Musterbeispiel dafür, dass eine sozialistisch-demokratische Gesellschaft möglich ist. Ihre Zerschlagung durch die Sowjettruppen charakterisiert er deutlich als Konterrevolution.

Seine Forderung nach einer demokratischen Wende in der DDR erweitert Robert Havemann durch friedens- und umweltpolitische Überlegungen. Schon frühzeitig suchen Oppositionelle aus Jena Kontakt zu ihm, der Mitte der 1970er Jahre auch als Gast an dortigen Veranstaltungen teilnimmt. Nach seiner Exmatrikulation findet Jürgen Fuchs ein neues Domizil bei Robert Havemann in Grünheide.

Die Ausbürgerung seines Freundes Wolf Biermann verurteilt Robert Havemann scharf. Er begrüßt das Protestschreiben der Schriftsteller und Künstler und schreibt an seinen ehemaligen Brandenburger Zuchthauskameraden Erich Honecker einen Offenen Brief. Der Staats- und Parteichef ordnet daraufhin Hausarrest für den bekanntesten Dissidenten der DDR an. Mehr als zwei Jahre können sich weder Robert Havemann noch seine Familie frei bewegen. Dennoch knüpft er immer neue Kontakte zu jungen Oppositionellen.

Mit dem Berliner Appell zur Abrüstung, den er gemeinsam mit Rainer Eppelmann initiiert, stellt Robert Havemann der Friedensbewegung in der DDR seine Kraft und seine Erfahrung zur Verfügung. Robert Havemann stirbt Pfingsten 1982, wenige Wochen nach der Veröffentlichung des von vielen Menschen in der DDR und in der Bundesrepublik unterstützten Appells. Und wenige Jahre vor dem Fall der Mauer.

Zitierempfehlung: „Robert Havemann“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145377


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