1951 werden nach westlichen Beobachtungen von Sowjetischen Militärtribunalen und DDR-Gerichten 61.710 Personen zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt. 1951 verlassen insgesamt 165.648 Menschen die DDR in Richtung Bundesrepublik.
Chronik
1951
Januar
Eine Schüler-Widerstandsgruppe aus Jena erzwingt mit „Stinkbomben“ den Abbruch der Geburtstagsfeier von DDR-Präsident Wilhelm Pieck.
Der 18-jährige Oberschüler Hermann Joseph Flade wird in einem politischen Prozess in Olbernhau zum Tode verurteilt. Nach öffentlichen Protesten wird in einem neuen Prozess die Strafe in 15 Jahre Gefängnis umgewandelt. Rund zehn davon muss er verbüßen.
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Bundeskanzler Konrad Adenauer lehnt den Vorschlag des DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl, einen Gesamtdeutschen Konstituierenden Rat zu bilden, ab. Er fordert freie Wahlen als ersten Schritt zur Wiedervereinigung.
Gründung der Vereinigung Volkseigener Betriebe auf Länderebene der DDR, die dem Ministerium für Land- und Forstwirtschaft unterstehen.
Der amerikanische Hochkommissar in Deutschland, John McCloy, amnestiert unter erheblichem Druck der westdeutschen Öffentlichkeit alle Nürnberger Kriegsverbrecherurteile unter 15 Jahren. 77 von 142 Verurteilten werden aus der Haft entlassen. 1958 kommen die letzten, eigentlich lebenslänglich verurteilten Verbrecher frei.
Februar
DDR-Volkspolizisten besetzen den bisher von West-Berlin verwalteten Ortsteil West-Staaken und erzwingen damit einen 1945 vereinbarten Gebietsaustausch. Proteste bleiben ohne Erfolg.
Der Bundestag verabschiedet das Gesetz über die Errichtung des Bundesgrenzschutzes (BGS). Mit dem BGS wird eine dem Bundesinnenministerium unterstellte Sonderpolizei des Bundes geschaffen.
Erwin Köhler wird in Moskau erschossen. Der frühere CDU-Politiker und Bürgermeister von Potsdam hatte Widerstand gegen die SED-Diktatur geleistet. Seine Frau wird am 10. April hingerichtet.
März
Das zentrale sowjetische Untersuchungsgefängnis in Berlin-Hohenschönhausen wird an das Ministerium für Staatssicherheit übergeben.
Erste Revision des Besatzungsstatuts. Danach erhält die Bundesrepublik begrenzte Souveränität in außenpolitischen und wirtschaftlichen Bereichen.
Nach Beschwerden über schlechte Arbeitsbedingungen werden zwei Mitarbeiter der sowjetischen Aktiengesellschaft Wismut verhaftet; im November werden sie erschossen.
Errichtung des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland. Bundeskanzler Konrad Adenauer übernimmt zusätzlich das Amt des Außenministers.
Das Zentralkomitee der SED beschließt den „Kampf gegen den Formalismus in Kunst und Literatur, für eine fortschrittliche deutsche Kultur“.
Einführung von Betriebskollektivverträgen in den Volkseigenen Betrieben. Es kommt zu heftigen Auseinandersetzungen in den Betrieben.
April
Der Deutsche Bundestag verabschiedet das Gesetz über die Montan-Mitbestimmung.
Die Benelux-Staaten, Frankreich, Italien und die Bundesrepublik unterzeichnen in Paris den Vertrag über die Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), der „Montanunion“.
Der Leipziger Student Herbert Belter wird am 28. April 1951 in Moskau erschossen.
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Mai
Die Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit (KgU) wirft mittels Luftballons Handzettel über SED-Maikundgebungen mit der Aufschrift „SED = Stalins ergebenster Diener“ ab.
Das Ministerkomitee des Europarats billigt die Aufnahme der Bundesrepublik als voll berechtigtes Mitglied des Rats. Das Saarland bleibt assoziiertes Mitglied.
Der Bundestag verabschiedet einstimmig das „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 13 des Grundgesetzes fallenden Personen“. Vor allem ehemalige Nazis, die nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt werden durften, müssen jetzt wieder eingestellt werden.
In Werdau werden zwei Jugendliche Mitglieder einer Widerstandsgruppe bei einer Flugblattaktion verhaftet. Ihr Freund Achim Beyer flüchtet tagelang vor seinen Häschern. Von seinen Erlebnissen und den Aktionen der Widerstandsgruppe in Werdau berichtet Achim Beyer auf einer Zeitzeugenseite.
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In Werdau werden zwei Jugendliche Mitglieder einer Widerstandsgruppe bei einer Flugblattaktion verhaftet. In den darauffolgenden Tagen werden auch die weiteren Mitstreiter festgenommen und vom Landgericht Zwickau zu Zuchthausstrafen zwischen zwei und 15 Jahren verurteilt.
Juni
In Landsberg werden die letzten sieben Todesurteile der Nürnberger Prozesse vollstreckt. Die bundesdeutsche Öffentlichkeit protestiert heftig.
Die Vollkonferenz der UNESCO in Paris beschließt die Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland.
Die Bundesregierung verbietet Tätigkeiten der KPD-Jugendorganisation FDJ in der Bundesrepublik Deutschland.
Wiedergründung der Sozialistischen Internationale (SI) in Frankfurt/Main. Die SI ist ein Zusammenschluss sozialistischer beziehungsweise sozialdemokratischer Parteien in aller Welt.
Juli
Schiffsexplosion auf der Spree in Ost-Berlin. 30 Menschen sterben – fast alles Schulkinder. Die angebotene Hilfe aus West-Berlin wird abgelehnt.
Großbritannien erklärt den Kriegszustand mit Deutschland für beendet. Frankreich folgt am 13. Juli, die USA am 19. Oktober 1951.
Arno Esch wird in Moskau erschossen. Der Liberaldemokrat wurde 1949 als Mitglied einer Hochschulwiderstandsgruppe in Rostock vom NKDW verhaftet und 1950 zum Tode verurteilt.
August
Erstes Stalin-Denkmal in der DDR an der Stalin-Allee in Ost-Berlin aufgestellt.
In Ost-Berlin finden die III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten statt.
Der Ministerrat beschließt die Gründung eines Amts für Literatur und Verlagswesen. Es verfügt über Verlagslizenzen, geplante Bücher und Papierkontingente. Das Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung wird als Auslandsgeheimdienst der Staatssicherheit gegründet.
Der Bundestag verabschiedet das 1. Strafrechtsänderungsgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch um eine Vielzahl politischer Straftatbestände ergänzt wird.
September
Die DDR erhebt ab sofort Transitgebühren.
DDR-Justizminister Max Fechner verbietet die Bezeichnung „politische Häftlinge“, weil es „kriminelle Verbrecher“ seien.
Außenministerkonferenz der drei Westmächte in Washington zur Deutschlandpolitik, auf der beschlossen wird, das Besatzungsstatut durch neue Verträge zu ersetzen und die Bundesrepublik in die westliche Verteidigung einzubeziehen.
„Spione des Vatikans“: Der Schauprozess gegen Angehörige der Katholischen Kirche in Rumänien endet mit hohen Freiheitsstrafen.
In Berlin wird das Interzonenhandelsabkommen (Berliner Abkommen) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR unterzeichnet.
Beginn der Verhandlungen zwischen Bundeskanzler Konrad Adenauer und der Alliierten Hohen Kommission über die Ablösung des Besatzungsstatuts.
Der Bundestag verabschiedet eine Wahlordnung für freie Wahlen in ganz Deutschland unter Aufsicht der UNO. Konrad Adenauer bekundet die Bereitschaft der Bundesregierung mit Israel über eine „Wiedergutmachung“ zu verhandeln.
Oktober
Am 3. Oktober 1951 verurteilt das Landgericht Zwickau 19 Mitglieder einer Widerstandsgruppe aus Werdau zu Strafen zwischen zwei und 15 Jahren Zuchthaus. Sechs der Jugendlichen sind noch minderjährig. Formal ist die Verhandlung öffentlich, doch zum Prozess werden nur etwa 50 ausgesuchte SED-Vertreter zugelassen.
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November
Die Volkskammer beschließt das Gesetz über den Fünf-Jahres-Plan (1951 bis 1955). Damit beginnt die zentrale staatliche Planwirtschaft für langfristige Wirtschaftslenkung und die Wirksamkeit der Staatlichen Plankommission. Die Volkseigenen Betriebe werden dem DDR-Industrieministerium unterstellt. Die Deutsche Notenbank wird zur Staatsbank der DDR. Zwei Mitarbeiter der sowjetischen Aktiengesellschaft Wismut werden erschossen. Sie haben sich über die schlechte Sicherheitstechnik und den Arbeitsschutz beschwert und den RIAS darüber unterrichtet.
Pariser Konferenz der drei Westmächte mit dem deutschen Bundeskanzler: Verabschiedung des Entwurfs des Deutschlandvertrags.
Bundesregierung stellt Verbotsantrag gegen die KPD.