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Militärstrafvollzug Schwedt

bzw. Disziplinareinheit Schwedt

Von der DDR-Militärjustiz verurteilte NVA-Angehörige und Bereitschaftspolizisten werden ab 1968 im Gefängnis in Schwedt eingesperrt. Die Strafvollzugsanstalt wird vom Ministerium des Innern verwaltet. Genauer gesagt, werden hier drei verschiedene Strafarten verbüßt:
1. von Militärgerichten ausgesprochene Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren;
2. Strafarrest bis zu drei, später bis zu sechs Monaten, eine spezifische vom Militärgericht ausgesprochene Strafform, die es nur für Angehörige der bewaffneten Organe gibt, bei der die Verurteilten jedoch nicht als vorbestraft gelten;
3. die 1982 eingeführte Bestrafung „Dienst in der Disziplinareinheit“ von ein bis drei Monaten. Die Strafe wird von den Standort-Kommandeuren der NVA verhängt und unterliegt keiner gerichtlichen Prüfung. Gerade diese Strafform trägt ein hohes Potential an Willkür in sich, da sie losgelöst von den ohnehin schon spärlichen Regularien der Strafprozessordnung sowie ohne rechtsanwaltlichen Beistand ausgesprochen wird. Auch hier gilt der Verurteilte als nicht vorbestraft.

Die Militärführung verfügt mit „Schwedt“ über ein mächtiges Drohpotenzial. Für jeden Angehörigen der Nationalen Volksarmee der DDR ist SCHWEDT ein Begriff, der für Furcht, Angst und Schrecken steht. Die Drohung „Dafür kommen Sie nach Schwedt“ soll nicht nur einschüchtern und abschrecken, sie wird auch in vielen Fällen wahr gemacht. Alle Wehrpflichtigen der DDR wissen von der Disziplinareinheit, sie wissen jedoch kaum etwas von den tatsächlichen Zuständen. Im Gegensatz zu den anderen Gefängnissen der DDR sind die Insassen nicht in Zellen, sondern eher kasernenähnlich eingesperrt. Eine Strafverschärfung besteht darin, dass neben der im Strafvollzug üblichen schweren körperlichen Arbeit, u. a. im Petrolchemischen Kombinat Schwedt, noch täglich politisch-ideologische und militärische Ausbildung ansteht. Im Übrigen muss die in Schwedt verbrachte Zeit nachgedient werden – wird also nicht auf die Wehrdienstzeit angerechnet. Die zugrunde liegenden Straftaten erstrecken sich nicht nur auf militärische Delikte, wie unerlaubtes Entfernen, Alkoholvergehen, Befehlsverweigerung oder Fahnenflucht, sondern betreffen auch Körperverletzung, schwerere Verkehrsunfälle oder Diebstahl und nicht zuletzt politische Äußerungen, die als Staatsverleumdung oder staatsfeindliche Hetze ausgelegt werden. 1982 wechselt die Zuständigkeit vom Innen- zum Verteidigungsministerium. Erst im April 1990 werden die letzten Gefangenen entlassen. Am 31. Mai 1990 wird das Gefängnis geschlossen.

Zitierempfehlung: „Militärstrafvollzug Schwedt“, www.jugendopposition.de/index.php?id=5405, hrsg. von Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2015


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