Pleiße-Gedenk-Umzug
Mitglieder der Leipziger Initiativgruppe Leben und der Arbeitsgruppe Umweltschutz organisieren zum Weltumwelttag 1988 einen Umzug entlang der Pleiße. Dieser Fluss wurde 1956 wegen des enormen Gestanks, der von ihm ausgeht, teilweise unter die Erde verlegt. Mit diesem Marsch soll auf die große Umweltverschmutzung in Leipzig aufmerksam gemacht werden.
Mit Plakaten, Flugblättern und Briefen wird dazu eingeladen. Trotz Interventionen von Staat und Kirche treffen sich etwa 200 Personen am 5. Juni 1988, die eine Stunde lang durch die Leipziger Straßen demonstrieren. An einer nicht verschütteten Stelle der Pleiße werden (einen Tag zuvor dort versteckte) Informationstafeln aufgestellt. Die Aktivisten entnehmen eine Wasserprobe.
Gleich nach dieser Veranstaltung beginnen die Vorbereitungen für den Marsch im Jahr 1989. Dieser wird zehn Tage vorher offiziell verboten. Die Gottesdienst- und Informationsveranstaltungen, die den Marsch umrahmen, können nicht verhindert werden. Kurz vor dem 4. Juni 1989 werden über 60 Mitglieder der veranstaltenden Gruppen festgenommen, um sie an der Teilnahme zu hindern. Mehrere werden direkt am Weltumwelttag unter Hausarrest gestellt.
Zum Eröffnungsgottesdienst in der Paul-Gerhard-Kirche kommen dennoch über 1.000 Teilnehmer zusammen. Sie wollen in einem „Pilgermarsch“ zum zweiten Gottesdienst in der Reformierten Kirche ziehen. Die polizeilichen Absperrungen, Einkesselungen und Verhaftungen erregen große öffentliche Aufmerksamkeit. Am zweiten Gottesdienst nehmen 400 Menschen teil.
Quelle: Christian Dietrich, Uwe Schwabe (Hg.), Freunde und Feinde. Friedensgebete in Leipzig zwischen 1981 und dem 9. Oktober 1989, Leipzig 1994.