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Michael Heinisch-Kirch, Bericht 7.9., Seite 2, RHG_EP_11

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Das Bild zeigt die zweite Seite eines Dokuments mit maschinenschriftlichem Text. Oben rechts befindet sich eine Kennnummer. Am Ende der Seite folgen handschriftliche Notizen und Namen.
Am siebenten jedes Monats demonstrieren Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler gegen die gefälschte Kommunalwahl vom 7. Mai 1989. Die jungen Leute pfeifen auf die Wahl und wollen das durch den Einsatz von Trillerpfeifen auf dem Berliner Alexanderplatz zeigen. Die Aktion endet mit zahlreichen Zuführungen, Seite 2. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/RHG/EP/11


Abschrift:

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zerrt. Es liegen verschiedene ärztliche Atteste vor.
Uniformierte Polizei setzte in diesen Fahrzeugen das brutale Vorgehen der zivilen Kumpane fort.
Es versammelte sich während des Überfalls eine große Menschenmenge. Das Erlebte löste großes Entsetzen aus. Viele griffen couragiert ein. Es wurden empörte Fragen und Rufe laut wie „das ist ja schlimmer als in der Stalinzeit“, „früher hießen sie Gestapo, heute nennen sie sie Stasi“, „ihr Bullenschweine, man muß sich ja schämen, DDR-Bürger zu sein!“. All das hinderte die Staatsorgane nicht, ihr brutales Wesen vor aller Öffentlichkeit zu zeigen.
Etwa 80 Menschen, darunter etliche unbeteiligte Passanten, erfuhren ihre Verschleppung in die Stasikeller des Untersuchungsgefängnisses Rummelsburg.
Nach relativ kurzer Zeit geschah eine Trennung der Mitgenommenen in mutmaßliche Akteure und am Rande Beteiligte. Alle wurden fotographiert und durchsucht. Pfeifen, Filme, Kassetten und dergleichen „anstößige“ Dinge wurden beschlagnahmt. Dann begannen lange Einzelbefragungen, Drohungen, Belehrungen und Erniedrigungen. Trotzdem war die Stimmung unter den Eingesperrten ausgesprochen gut. Man machte sich durch singen nd spielen gegenseitig Mut. Es gab für die meisten sogar auf gemeinsames Rufen hin Abendbrot.
Ab 0.00 Uhr begannen die ersten Entlassungen. Gegen einige wurde ein Ordnungsstrafverfahren eingeleitet. Bis 10.00 Uhr am nächsten Vormittag waren alle wieder auf freiem Fuß.
Zum wiederholten Male hat der Staatsapparat seine Konfliktunfähigkeit in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen bewiesen. Dieser primitiv, infantile Mißbrauch der Macht wird die Mensche nicht auf Dauer davon abhalten, auf die Straße zu gehen, noch die Probleme lösen.

Frank Pfeifer
Ralpf Sköries
Evelin Zupke
Michael Heinisch

- innerkirchliche Information -

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