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Ablehnung Berufung Grünhagen

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Dieses Bild zeigt ein historisches Dokument aus dem Archiv der Robert-Havemann-Gesellschaft. Es handelt sich um eine Abschrift eines Gerichtsdokuments vom Obersten Gericht der Deutschen Demokratischen Republik, datiert auf den 15. Juli 1953. Das Dokument ist eine Anklageschrift und listet auf der linken Seite mehrere Angeklagte auf. Der Vorwurf lautet Landfriedensbruch. Auf der rechten Seite des Dokuments wird die Begründung für die Ablehnung der Berufungen erläutert. Das mit Schreibmaschine geschriebene Dokument ist auf gelblichem Papier verfasst, das starke Gebrauchsspuren, Knicke und Risse aufweist.
Ablehnung der Berufung gegen Heinz Grünhagens Haftstrafe. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/DGr 09


Abschrift:

Abschrift
Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik Berlin, den 15. Juli 1953
1a – Strafsenat
1a Ust 420/53
Beschluss
In der Strafsache
Gegen 1.) den Arbeiter Günther Tillner, geb. am 9. Januar 1932 in Leipzig, wohnhaft:
2.) den Gärtner Heinz Grünhagen, geb. am 14. Februar 1933 in Ferdinandshof, wohnhaft:
3.) den Bauarbeiter Walter Strack, geb. am 9. August 1902 in Griesen, wohnhaft:
4.) den Zimmermann Otto Fischer, geb. am 24. Mai 1917 in Holsdorf/Elster, wohnhaft
5.) den Steinträger Heinz Ritzleben, geboren am 16. Februar 1927 in Strausberg, wohnhaft:
6.) den Schlosser Siegfried Kiehnast, geb. am 24. Januar 1925 in Herzfelde, wohnhaft:
wegen Landfriedensbruch
werden die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Bezirksgerichts Frankfurt/Oder vom 25./26. Juni 1953 als offensichtlich unbegründet verworfen.
Die weitere Untersuchungshaft wird angerechnet.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Angeklagten auferlegt.
Gründe:
Das Bezirksgericht Frankfurt/Oder hat die Handlungen der Angeklagten Tillner und Fischer richtig als Verbrechen nach Art. 6 der Verfassung gewertet. Ihnen war keineswegs an der Durchsetzung wirtschaftlicher Forderungen gelegen, sondern an der Beseitigung der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik. Sie vertraten entsprechende Losungen und drangen darauf, dass die Hetzsendungen des RIAS gehört wurden, um dessen gegen den Bestand der Deutschen Demokratischen Republik gerichtete Anweisungen befolgen zu können. Mit Recht wurden die Handlungen des Angeklagten Tillner als besonders schwer bewertet, weil sie von einem fanatischen Gegner der Demokratie und der Deutschen Demokratischen Republik verübt wurden, der aus den Vorgängen des 17./18. Juni 1953 keinerlei Lehren gezogen hat. Das Verbringen der Berufung, der Angeklagte Tillner sei unzurechnungsfähig oder in seiner Zurechnungsfähigkeit beschränkt, ist abwegig.
Hinsichtlich der Angeklagten Grünhagen, Kiehnast, Strack und Ritzleben und auch hinsichtlich der Angeklagten Tillner und Fischer beziehen sich die Berufungen auf das Interview des Ministers der Justiz Fechner (ND vom 30. Juni 1953) und folgern daraus, dass sie freigesprochen werden müßten. Abgesehen davon, dass eine Berufung außer auf ungenügende Aufklärung oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts und unrichtige Strafzumessung nur auf eine Verletzung der Verfahrens- oder Strafgesetze gestützt werden kann, haben die Verteidiger verkannt, dass keiner der Angeklagten lediglich wegen der Teilnahme an einem Streik oder an einer Demonstration verurteilt worden ist. Alle haben Verbrechen begangen, die sich gegen die Deutsche Demokratische Republik und gegen die öffentliche Ordnung richten. Solche Verbrechen sind schwere und gerade in der damaligen Situation gefährliche Verbrechen, die nicht ungesühnt bleiben können.
Deshalb waren alle Berufungen als offensichtlich unbegründet auf Kosten der Angeklagten zu verwerfen.
gez. Eiermann gez. Klar gez. Seidel

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