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Zion 86 - Alternative Jugendkultur in der DDR_RHG_Fak_0914

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„Wir sind beunruhigt und betroffen“: Brief der Jugendmitarbeiter der Evangelischen Kirche Sachsen zum Artikel von Hans-Dieter Schütt in der Jungen Welt (4. Februar 1988). Quelle: Evangelisches Zentralarchiv Berlin, Seite 1 von 2
„Wir sind beunruhigt und betroffen“: Brief der Jugendmitarbeiter der Evangelischen Kirche Sachsen zum Artikel von Hans-Dieter Schütt in der Jungen Welt (4. Februar 1988). Quelle: Evangelisches Zentralarchiv Berlin, Seite 1 von 2


Abschrift:

Brief der Jugendmitarbeiter der Evangelischen Kirche Sachsen zum Artikel von Hans-Dieter Schütt in der "Jungen Welt"

Vom Evangelisch- lutherischen Landeskirchenamt Sachsens
Dresden, den 04.02.1988

An das Sekretariat des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR
Betreff: Schreiben der Jugendmitarbeiter der Ev. Luth.
Landeskirche Sachsens, die zu ihrer Jahresrüste versammelt waren, zu Vorgängen in der Zionskirche und der Stellungnahme des Chefredakteurs Schütt in der Jungen Welt vom 12./13.12.1987
Die Jugendmitarbeiter unserer Landeskirche haben sich in einem Schreiben an die Sächsische Kirchenleitung gewendet und folgendes mitgeteilt:

"Wir sind beunruhigt und betroffen über den Kommentar des Chefredakteurs der Jungen Welt, Hans-Dieter Schütt, vom 12./13.12.1987. In demagogischer Weise werden Zusammenhänge zwischen Ereignissen hergestellt, die sorgfältigst unterschieden werden müssen. Es ist ein grundsätzlicher Unterschied, ob Skinheads und deren Anhänger am 07.10.1987 Straßenpassanten unter Schreien nazistischer Parolen zusammenschlagen, oder ob an Umwelt, Frieden und Gerechtigkeit interessierte und engagierte Jugendliche sich nach dem Vorgehen des Staatsanwaltes in der Umweltbibliothek der Zionskirchgemeinde am 24./25.11.1987 zu Mahnwachen zusammenfinden und mit Kerzen, Blumen, Informationen, Liedern, Gebeten und Gottesdiensten Angst und Unverständnis gegenüber staatlichem Vorgehen zum Ausdruck bringen. Die Art und Weise, wie Herr Schütt die voneinander unabhängigen Ereignisse unter dem Thema: "Feind" subsumiert, belastet das Verhältnis Kirche und Staat in bedauerlichster Weise, zumal in Schulen und Lehrlingsausbildung bezugnehmend auf diesen Artikel die gleiche Vermischung vorgenommen wird, verbunden mit der Frage, ob die Jugendlichen mit solchen Leuten etwas zu tun haben wollen. Anstatt den Dialog mit an Umwelt, Frieden und Gerechtigkeit engagierten Gruppen der Kirche zu suchen, stempelt genannter Artikel diese als Feinde des Staates ab. Der "friedensfördernde Geist", den Herr Schütt in seinem Artikel beschwört, wird von uns sehnlichst gewünscht, da nur alle friedliebenden Menschen, Marxisten, Christen und andere gesellschaftliche Kräfte an den wichtigsten Fragen der Zeit gemeinsam arbeiten können."
Wir bitten die Kirchenleitung, darauf hinzuwirken, daß der Artikel öffentlich zurückgenommen bzw. die Gegendarstellung des Stadtjugendpfarrers Wolfram Hülsemann veröffentlicht wird. Wir bitten die Kirchenleitung auch, ihren Einfluß geltend zu machen, daß sich solche Vermischungen nicht wiederholen, sondern genügend differenziert über die unterschiedlichsten Ereignisse in der Presse informiert wird, damit junge Leute nicht durch Flugblattaktionen solche Informationen vornehmen müssen und dadurch gefährdet werden.

Gezeichnet Harald Bretschneider
Wir geben Ihnen hiermit den Inhalt des Briefes zur Kenntnis und bitten, in geeigneter Weise bei staatlichen Stellen auf die hier angeschnittenen Probleme hinzuweisen und darauf hinzuwirken, daß ähnliche Äußerungen in Zukunft unterbleiben.
Unterschrift von Dr. Domsch

Der Bitte des Landeskirchenamtes Dresden wird entsprochen

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