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Demo 83 - Friedensgemeinschaft Jena_RHG_Fak_0072

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24. Mai 1983: Offener Brief an den Zentralrat der FDJ und den Friedensrat der DDR. Die Friedensgemeinschaft Jena protestiert gegen die gewaltsamen Übergriffe beim Pfingsttreffen der Jugend auf dem Platz der Kosmonauten vom 19. Mai 1983. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
24. Mai 1983: Offener Brief an den Zentralrat der FDJ und den Friedensrat der DDR. Die Friedensgemeinschaft Jena protestiert gegen die gewaltsamen Übergriffe beim Pfingsttreffen der Jugend auf dem Platz der Kosmonauten vom 19. Mai 1983. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft


Abschrift:

Offener Brief der Friedensgemeinschaft Jena an den Zentralrat der FDJ und den Friedensrat der DDR

Offener Brief an den Zentralrat der FDJ und den Friedensrat der DDR

Am Donnerstag, den 19.5.1983, beteiligten wir uns, die Jenaer Friedensgemeinschaft, an der Friedensmanifestation zum Pfingsttreffen der Jugend auf dem Platz der Kosmonauten zu Jena. Nach unseren Erfahrungen vom 18. und 19. März 1983 war der Weg dorthin nicht ohne Angst und Sorge vor der Gewalt gegenüber unserem ehrlichen Friedensengagement. Unsere Befürchtungen wurden durch zahlreiche Verleumdungen und Diskriminierungen unserer Ziele und Gedanken genährt. Als Beispiel möchten wir hier nur die Äußerungen des Herrn Wogatzki auf der internationalen Schriftstellerkonferenz in Berlin-West nennen.
Die Friedensgemeinschaft begab sich mit den Losungen „Ohne Frieden keine Zukunft“, Schwerter zu Pflugscharen“ und „Verzichtet auf Gewalt“ zu der Kundgebung. Mitglieder der FDJ verteilten Flugblätter und über Lautsprecher wurde gegen die Losung „Schwerter zu Pflugscharen“ agitiert. Wir wurden zur Diskussion eingeladen. Doch die Art und Weise entsprach nicht der eines offen und ehrlich geführten Dialogs. Warum wurde ständig mit überdimensionalen Plakaten versucht, die unseren zu verdecken und abzudrängen ?
Warum wurde die Möglichkeit, am Mikrophon zu sprechen, gestört und dann gar abrupt unterbunden ? Warum fanden sich wieder Personen, die gewaltsam gegen Freunde unserer Gemeinschaft vorgingen und die unsere Plakate mit den oben genannten Losungen aufs Neue zerfetzten ?
Wir wissen von der Unterschiedlichkeit der Meinungen in Einzelfragen und sehen die unbedingte Notwendigkeit einer Dialogführung, „denn nur durch die Vereinigung aller Kräfte, unabhängig von ihrer politischen Bindung, ihrer weltanschaulichen Haltung und ihres religiösen Bekenntnisses kann die Gefahr eines dritten, die gesamte Menschheit vernichtenden Weltkrieges für immer von den Völkern abgewendet werden“ (aus dem Aufruf der Jugend in Potsdam). Unter diesem Gesichtspunkt sehen wir die Diskussionen, die trotz der oben genannten Behinderung unseres Auftretens stattfanden, als einen ersten Schritt eines Prozesses in Richtung eines gemeinsamen Handelns an. Diese Gespräche mit Arbeitern und FDJ-lern auf dem Platz der Kosmonauten zu Jena zeigten uns das Interesse der Jugendlichen und die Notwendigkeit der gedanklichen Auseinandersetzung im Kampf für den Frieden.
Das Einbringen unserer Gedanken und Impulse in die Friedensbewegung sehen wir als selbstverständlich und notwendig an. Doch leider kommt es wiederholt zur Konfrontation mit der Realität, wie z.B. der wachsenden Militarisierung des Lebens und der staatlichen Willkür gegen Personen pazifistischer Gesinnung.
Die Verhinderung eines Krieges kann nicht durch die Vorbereitung auf diesen geschehen, sondern nur durch eine Erziehung zum Frieden, den wir als ein Leben in freier Verantwortung in Gemeinschaft, in welcher die menschliche Würde und die Persönlichkeit eines jeden Einzelnen geachtet wird, verstehen.
Das bisherige widersprüchliche Verhalten der staatlichen Organe im Umgang mit für den Frieden engagierten Menschen stellt die Glaubwürdigkeit der Friedenspolitik der DDR in der internationalen Öffentlichkeit in Frage. Dies kann nur denen dienlich sein, die die Hochrüstung weiter vorantreiben wollen und die Menschheit der Gefahr eines nuklearen Infernos aussetzen.


Angesichts dessen fordern wir, daß das Engagement von um Frieden und Entspannung bemühter Menschen nicht nur nicht behindert, sondern in jeder nur möglichen Weise gefördert und ermutigt wird, so wie es der Vorsitzende des Staatsrates der DDR, E. Honecker, in seinem Brief an Frau Kelly am 13.5.1983 zusicherte.

Wir sind am Gedankenaustausch über die Probleme des Friedens interessiert und bitten diesbezüglich um eine Beantwortung dieses Schreibens.

„Das Gebot der Stunde für alle Völker ist, Schwerter in Pflugscharen umzuschmieden!“

(Radio Moskau vom 13.5.1982, 21.00 Uhr)

Jena, den 24. Mai 1983

Friedensgemeinschaft Jena

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