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Der Widerstand junger Studenten an der Universität Halle

Eine vom Staat angeordnete Demonstration: 1949 entstehen in der DDR die Arbeiter-und-Bauern-Fakultäten (ABF). Junge Menschen, speziell aus Arbeiter- und Bauernfamilien, sollen die Möglichkeit erhalten, das Abitur zu machen. Die ABF dienen der SED vor...
Eine vom Staat angeordnete Demonstration: 1949 entstehen in der DDR die Arbeiter-und-Bauern-Fakultäten (ABF). Junge Menschen, speziell aus Arbeiter- und Bauernfamilien, sollen die Möglichkeit erhalten, das Abitur zu machen. Die ABF dienen der SED vor allem dazu, das bürgerliche Bildungsprivileg zu brechen und eine neue, SED-treue Intelligenz herauszubilden. Im Bild: Studierende der ABF an der Universität Halle. Quelle: Universitätsarchiv Leipzig
Werner Eggers gehört ab 1948 einer politischen Widerstandsgruppe an der Universität Halle an, die sich besonders mit Flugblattaktionen gegen die undemokratischen Studentenratswahlen am 9. Februar 1950 zur Wehr setzt. Am 18. März 1950 wird er vom sowjetischen...
Werner Eggers gehört ab 1948 einer politischen Widerstandsgruppe an der Universität Halle an, die sich besonders mit Flugblattaktionen gegen die undemokratischen Studentenratswahlen am 9. Februar 1950 zur Wehr setzt. Am 18. März 1950 wird er vom sowjetischen Geheimdienst verhaftet. Quelle: Universitätsarchiv Leipzig
Der Medizinstudent Horst Hennig protestiert zusammen mit seinen Kommilitonen Willi Eckert und Werner Eggers gegen die undemokratischen Studentenratswahlen vom 9. Februar. Am 10. März 1950 verhaftet ihn der sowjetische Geheimdienst und verurteilt ihn...
Der Medizinstudent Horst Hennig protestiert zusammen mit seinen Kommilitonen Willi Eckert und Werner Eggers gegen die undemokratischen Studentenratswahlen vom 9. Februar. Am 10. März 1950 verhaftet ihn der sowjetische Geheimdienst und verurteilt ihn wegen „Spionage, illegaler Organisation und antisowjetischer Propaganda in einer studentischen Widerstandsgruppe“ zu 25 Jahren Zwangsarbeit. Quelle: Universitätsarchiv Leipzig
Fünf Jahre Workuta: Nach der Urteilsverkündung wird Horst Hennig in ein Gefängnis nach Berlin-Lichtenberg gebracht (im Bild: sein Haftfoto). Am 7. Dezember 1950 transportiert ihn ein als Postwagen getarnter Gefängniswagen weiter. Die Stationen sind...
Fünf Jahre Workuta: Nach der Urteilsverkündung wird Horst Hennig in ein Gefängnis nach Berlin-Lichtenberg gebracht (im Bild: sein Haftfoto). Am 7. Dezember 1950 transportiert ihn ein als Postwagen getarnter Gefängniswagen weiter. Die Stationen sind Brest-Litowsk, Kiew, die berüchtigte Lubjanka in Moskau und schließlich das Zwangsarbeitslager Workuta nördlich des Polarkreises. Im Dezember 1955 wird er nach West-Berlin entlassen. Quelle: Universitätsarchiv Leipzig

Schon im Vorfeld der Studentenratswahlen am 9. Februar 1950 protestieren viele Studenten an der Martin-Luther-Universität zu Halle und Wittenberg. Empörend, wie die Wahlen ohne Gegenkandidaten und Alternativen abgehalten werden sollen! Es entwickelt sich ein regelrechter Malkrieg: Nachts pinseln die jungen Protestler das F für Freiheit an Wände und Mauern. Morgens wischen die Putzkolonnen der FDJ die Parolen wieder ab.

Im Frühjahr 1950 wird eine Gruppe von acht Studenten um Horst Hennig und Willi Eckert verhaftet. Ein Sowjetisches Militärtribunal verurteilt sieben von ihnen – mehrheitlich zur üblichen Strafe von 25 Jahren Arbeitslager. Einige, wie Horst Hennig, Willi Eckert und Heinz Schott, werden ins sowjetische Gulag-System deportiert. Andere, wie das jüngste Mitglied der Gruppe, der Student Werner Eggers, müssen ihre Strafe in DDR-Zuchthäusern verbüßen. Eggers berichtet später über seine Motive zum Widerstand:

„Nach 1945 hat man dies immer wieder zu hören bekommen: Eure Eltern haben versagt. Wenn ihr demokratischer gewesen wärt und mehr Mut gehabt hättet, dann wäre dieses System des Nationalsozialismus nicht entstanden. Dies kam von allen Seiten, von der Presse, von der Studentenschaft, von den Professoren usw. Dann haben wir vom Widerstand der Weißen Rose erfahren. Die Weiße Rose war für mich persönlich vorbildlich. Dies waren ja Leute, die eigentlich unpolitisch waren. Ich habe mir überlegt, dass man so etwas, wie die Studenten der Weißen Rose es getan haben, eben auch tun müsste. Ich fühlte mich dazu verpflichtet. [...] Ich muss etwas tun, ich muss den anderen vorangehen. Wenn es wirklich sein muss, muss ich mich opfern. [...] Dann gab es Kommilitonen, die ähnlich dachten, und plötzlich war man eine Gruppe. Dann sagte man nicht mehr, ich muss etwas tun, sondern wir müssen etwas tun. Als Mitglied dieser Widerstandsgruppe habe ich Flugblätter geklebt und verteilt, um gegen die politisch einseitigen Studentenratswahlen zu argumentieren.“

Nach 1990 werden Horst Hennig und seine mitverurteilten Kommilitonen von der russischen Militärstaatsanwaltschaft rehabilitiert.

Im Oktober 1992 wird Horst Hennig vom Militärstaatsanwalt der Russischen Föderation vollständig rehabilitiert. Quelle: Universitätsarchiv Leipzig
Im Oktober 1992 wird Horst Hennig vom Militärstaatsanwalt der Russischen Föderation vollständig rehabilitiert. Quelle: Universitätsarchiv Leipzig
Übersetzung von Horst Hennigs Rehabilitation durch den Militärstaatsanwalt der Russischen Föderation vom Oktober 1992. Quelle: Universitätsarchiv Leipzig
Übersetzung von Horst Hennigs Rehabilitation durch den Militärstaatsanwalt der Russischen Föderation vom Oktober 1992. Quelle: Universitätsarchiv Leipzig
Abschrift



Zitierempfehlung: „Der Widerstand junger Studenten an der Universität Halle“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145429


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