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Das Flugblatt der jungen Berliner Studentin Bettina Wegner bringt es auf den Punkt: „Nehmt uns nicht unsere Hoffnung! Hände weg von Prag!“. Die kleinen Zettel verteilt sie in der ganzen Stadt. Ähnlich wie ihr Freund Thomas Brasch zuvor, wird sie festgenommen. Quelle: BStU, MfS, AU 303/90, Bd. 1
Am 20. August 1968 wird der Prager Frühling zum Winter. Truppen der Sowjetunion, Polens, Bulgariens und Ungarns marschieren in die Tschechoslowakei ein und besetzen alle strategisch wichtigen Punkte. Der Warschauer Pakt walzt mit schweren Panzern die zarten Frühblüher der politischen Befreiung nieder. Die Hoffnung der Demonstranten auf Freiheit und Mitbestimmung wird jäh zerstört. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv
Die Reformen in der Tschechoslowakei lassen die Menschen in anderen Ländern des Warschauer Pakts darauf hoffen, dass auch in ihrem Land ein Sozialismus mit menschlichem Antlitz möglich ist. Der überzeugte Kommunist Wolf Biermann schreibt in seinem Lied „In Prag ist Pariser Kommune“ von dieser Hoffnung. Der Text dient als Grundlage für Flugblätter gegen die Besetzung der CSSR durch die Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Viele Menschen in der DDR pflegen freundschaftliche Beziehungen zu Leuten im sozialistischen Bruderland CSSR. Sie sind entsetzt über den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen. In Frankfurt (Oder) wollen drei junge Mädchen die Öffentlichkeit über die Ungerechtigkeit informieren. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Die Wut über die Niederschlagung des Prager Frühlings entlädt sich in vielen spontanen Protestaktionen. Die Menschen fordern, wie auf diesem Plakat aus Sachsen, den Abzug der Truppen des Warschauer Pakts aus der CSSR. Junge Leute ziehen nachts los, malen Parolen an Häuserwände oder verteilen Flugblätter. Sie spüren, dass etwas geschehen ist, was nie wiedergutzumachen ist. BStU, MfS, Ast. Chemnitz, 744/69 Bd. 1
Am 20. und 21. September 1968 verteilt der Hallenser Bernd Eisenfeld in seiner Heimatstadt etwa 150 selbst gefertigte Flugblätter, mit denen er gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR protestiert. Dabei zitiert er Lenin und macht so die Diskrepanz zwischen sozialistischer Theorie und politischer Wirklichkeit deutlich. Während dieser Aktion wird er verhaftet. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Oberschüler aus Markkleeberg wollen ein Zeichen gegen das Auftrittsverbot ihrer Idole setzen und rufen zu einem Protestmarsch auf. Etwa 1.000 Beat-Fans sammeln sich in der Leipziger Innenstadt und demonstrieren für das Recht, ihre Lieblingsmusik hören zu dürfen. Die Staatsmacht reagiert brutal und nimmt 279 Jugendliche in Gewahrsam. Quelle: BStU, MfS, BV Leipzig, AOG 129/69
Etwa 1.000 Jugendliche aus der DDR schauen am 7. Oktober 1969 sehnsuchtsvoll hoch zum Dach des Springer-Hochhauses in West-Berlin. Es heißt, die Rolling Stones würden dort auftreten. Die Hoffnung vieler Jugendlicher, einmal im Leben ihre Idole zu sehen und zu hören, wird von der Polizei niedergeknüppelt. Das Gerücht stellt sich als unwahr heraus. Quelle: Bernd Woick
Das Schulterstück der Bausoldaten ziert ein kleiner goldener Spaten. Statt des Dienstes an der Waffe leisten die jungen Männer einen Ersatzdienst. Doch die Entscheidung zur Wehrdienstverweigerung ist keine einfache: Die weitere berufliche Fortentwicklung wird sehr erschwert, ein Studium ist fast ausgeschlossen. Eine Entscheidung, die kritischen Jugendlichen wegen moralischer Vorbehalte sehr viel abverlangt. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Olaf Weißbach
Ein Militärdienst, wie ihn die SED-Führung vorschreibt, passt nicht in das humanistische Weltbild von Detlef Pump. Er verweigert den Dienst an der Waffe. Obwohl die DDR sich selbst als „Friedensstaat“ bezeichnet, zwingen die Machthaber junge Männer zum Militärdienst. Totalverweigerer wie Detlef Pump werden in der DDR kriminalisiert und können mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Hans-Helmut Kurz
Topteaser Prag

Hände weg von Prag!

„Prager Frühling“ wird ein alljährlich in der tschechoslowakischen Hauptstadt stattfindendes Musikfestival genannt. 1968 bekommt der Name eine völlig neue Bedeutung. Seit jenem Sommer steht der Begriff weltweit synonym für eine blutige sowjetische Machtdemonstration.

1968 träumt die ganze Welt von Frieden, Freiheit und neuen Idealen. Als in den alten Gärten auf dem Hradschin der Flieder blüht, erwacht auch die tschechoslowakische Gesellschaft zu neuem Leben. Junge Menschen strömen in politische Versammlungen, die Zeitungen berichten so differenziert wie lange nicht mehr, und neue politische Organisationen entstehen.

Erstmals in der Geschichte hat eine kommunistische Führung keine Angst vor Demokratie. Auch aus der DDR fahren viele Jugendliche ins Nachbarland, um einen Hauch der neuen Freiheit zu genießen. Doch am frühen Morgen des 21. August 1968 rollen die Panzer des Warschauer Paktes über die Grenzen der Tschechoslowakei und walzen den Traum von der Freiheit nieder. Die Empörung über diesen Gewaltakt ist enorm – auch in der DDR regt sich Widerstand.

Kontext

Black Panther, Studentenrevolte, Martin Luther King, Vietnamkrieg, Kulturrevolution, Che Guevara, APO, Rudi Dutschke, Straßenschlachten, Politsekten, Warschau, Verfassung, Ulbricht tritt ab – Honecker an Weiter...

Bernd Eisenfelds Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings

„Am liebsten würde ich Berlin oder Leipzig in der Rolle des heutigen Prag sehen“, schreibt Bernd Eisenfeld an Radio Prag. „Ich sehe Zukunft. Viele sehen Zukunft.“ Weiter...

Prager Frühling

Was sich in diesen Monaten in der CSSR ereignet, wühlt die ganze Welt auf: Freiheit und Sozialismus sollen eine Einheit bilden. Weiter...

Reaktionen in der DDR auf das Ende des Prager Frühlings

Junge Leute ziehen nachts los und malen Parolen an Häuserwände. Sie spüren, dass etwas geschehen ist, das nie wiedergutzumachen ist. Weiter...

Langhaarige, Beatfans und Gammler

Beatverbot in der DDR: In Leipzig tauchen Flugblätter auf, die zum Protestmarsch aufrufen. Die Volkspolizei geht mit Hunden, Wasserwerfern und Gummiknüppeln gegen die Jugendlichen vor. Weiter...

Befehlsverweigerung in der NVA

Eingezwängt in ein totalitäres System von Befehl und Gehorsam, ohne Informationen und Kontakt nach außen finden nur wenige Soldaten den Mut zum Nein sagen. Weiter...

Wehrdienstverweigerung

Vor der Musterungskommission schlägt für jeden jungen Mann die Stunde der Entscheidung: freiwillig drei Jahre, achtzehn Monate Grundwehrdienst, Spatendienst oder Totalverweigerung? Weiter...


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